BEWEISURKUNDE ODER DISPOSITIVURKUNDE? – ÜBERLEGUNGEN ZUR WIRKUNG GRIECHISCHER URKUNDEN AUS GRIECHISCHER UND RÖMISCHER SICHT

Abstract

EVIDENCE CERTIFICATE OR DISPOSITIVE CERTIFICATE? - CONSIDERATIONS ON EFFECT
GREEK DOCUMENTS FROM A GREEK AND ROMAN POINT OF VIEW
The discussion about the classification of Greek deeds as probative or dispositive documents goes back to the late 19th century. The term
“dispositive document” refers to a deed with substantive legal effect in the sense of creating a claim. By contrast, a probative document does not
create a claim, but only has an evidentiary effect. Today it is commonly assumed that Greek deeds were probative documents, but in the way that
any form of counter-evidence against the deed was excluded. However, between a document that creates a claim and a document that provides
irrefutable proof of the claim, there hardly seems to be a comprehensible difference – at least at first glance. The classification of Greek deeds as
probative documents becomes plausible only against the background of Greek contract law and its characteristics.
Die Diskussion um die Einordnung griechischer Urkunden als Beweis- oder Dispositivurkunden reicht ins späte 19. Jahrhundert zurück.
Die Bezeichnung „Dispositivurkunde“ steht für eine Urkunde mit materiellrechtlicher Wirkung im Sinne einer Anspruchserzeugung, während
einer Beweisurkunde keine anspruchserzeugende, sondern nur Beweiswirkung zukommt. Heute nimmt man gemeinhin an, dass griechische Urkunden
Beweisurkunden waren, allerdings in dem Sinne, dass gegen die Urkunde grundsätzlich jede Form des Gegenbeweises ausgeschlossen
war. Zwischen einer Urkunde, die den Anspruch erzeugt, und einer Urkunde, aus der sich ein unwiderleglicher Beweis für den Anspruch ergibt,
erscheint jedoch – zumindest auf den ersten Blick – kaum ein fassbarer Unterschied zu bestehen. Plausibel wird die Einordnung der griechischen
Urkunde als Beweisurkunde erst vor dem Hintergrund des griechischen Vertragsrechts und seiner Besonderheiten.